Es war bislang ein wirklich ruhiger Frühlingsmorgen. Turin und Grmpf saßen mit einem kühlen Bierchen aus eigenem Keller auf der Terasse ihrer Kneipe in Kopenhagen und ließen sich die Sonne auf den Pelz scheinen.

"Ach, so ein kühles Dunkles vor dem ersten Frühstück ist doch wirklich ein Genuss", meinte Grmpf durch eine wohlige Wolke aloholischen Nebels hindurch. Man merkte seiner genau betonten Aussprache an, dass dies nicht sein erstes Bier an diesem Morgen war. "Das Leben eines Abenteurers IST aber auch hart. Weißt Du noch damals, vor 10 Jahren, als wir diese Kneipe eroberten? Das waren noch Zeiten!"

"Mmmm..."

Turins wortgewaltige Antwort ließ Grmpf nicht inne halten: "Wir haben uns hier über die Jahre ein wirkliches, kleines Schmuckstück aufgebaut. Gutes Bier, hübsche Gästezimmer, liebreizende Angestellte... so muss das sein. Wenn wir..."

Ein gleißender Blitz durchzuckte die Stille des friedlichen Morgens und ein bärtiger und leicht rundlicher Mann stand plötzlich, vor ihnen. Er schaute sich um und wandte sich dann zielstrebig an die beiden verwirrten Helden: "Einen schönen guten Morgen meine Herren. Sind Sie Abenteurer?"

"Mmmm..." Turin nickte.

"Was mein eloquenter Freund damit sagen will: Im Prinzip ja, aber wer seid ihr? Warum fragt ihr? Und vor allem: Woher kommt ihr so plötzlich? Ich dachte Jørre hätte die Gegend um unsere Kneipe gegen Teleportation geschützt, nachdem da letztens... aber ich schweife ab..." Grmpf verstummte und schaute den Fremden fragend an.

Dieser lächelte wissend aus seinen jung gebliebenen Augen. "Ja, das mit der Teleportation ist so eine Sache. Ich hab da vielleicht ein oder zwei Tricks mehr im Ärmel, aber im Prinzip hat dieser... Jørre?... das schon richtig gemacht. Normale Zauberkundige könnten hier nicht teleportieren."

"Ihr seid also kein normaler Magier?"

Der Fremde schaut an sich herunter. Er trug eine derbe aussehende dunkelblaue Hose, weiße Schuhe mit drei Streifen und ein sehr dünnes, an seinem Bauch etwas zu kurzes Stoffhemdchen ohne Kragen aber mit einem nicht lesbaren Text auf der Vorderseite. "Nein, ein Zauberkundiger in eurem Sinne bin ich wirklich nicht. Nein." Schmunzelnd ließ er seinen Blick weiter schweifen.

"Ein schöne Kneipe! Ist das das Etablissement, wo ihr an dunklen Ecktischen Eure Auftraggeber für das nächste Abenteuer findet?"

"Mmmm..."

"Schon gut Turin, ich mach das", meinte Grmpf und an den Fremden gewandt: "Nein, die gehört uns. Die haben wir vor ca. 10 Jahren in einem Abenteuer erobert."

"Ah! Das ist eine wirklich nützliche Errungenschaft. Da hätte ich dran denken sollen. Das hätte einer Menge Abenteuergruppen eine Menge Stress erspart... Gute Idee. Meine Hochachtung vor Eurem Spielleiter!"

"Unserem WAS?"

"Ach, nichts. Welche Prestigeklassen habt ihr denn?"

"Bitte? Prestige? Also... nun... wir haben den pseudo-dänischen Reichskronkorken am blauen Band und..."

"Nein, Prestige-KLASSEN." Der Fremde schaute ein wenig verwirrt und blickte auf seine Uhr. "Ihr sagt ihr spielt... äh... lebt hier seit wie vielen Jahren?"

"Wir haben vor ca. 10 Jahren angefangen, unser Abenteurerleben in Pseudo-Dänemark zu verbringen." Grmpf wurde durch das komische Verhalten des Fremden mehr und mehr aus der gemütlichen Frühlings-Frühstücks-Fassung gebracht.

"Aber ihr kennt keine... hm... kennt ihr vielleicht einen Zauberkundigen, der gleichzeitig Kämpfer ist? Oder einen Elben, der auch Dieb ist? Welche Charakterklasse habt ihr, Herr Zwerg? Oder ihr, ehrenwerter Gnom?"

"Mein Freund Turin und ich sind beide einfach nur Zwerg und Gnom. Wir haben keine so komplizierten Dinge wie 'Charakterklassen'. Das überlassen wir den Menschen!"

Der Fremde war sichtlich beeindruckt. "Sollte das hier wirklich... aber ein Gnom als Charakterklasse?", murmelte er ein wenig in seinen Bart.

"Aber wir sprechen die ganze Zeit nur über uns..." Grmpf war fest entschlossen, sich das Gespräch jetzt nicht aus der Hand reißen zu lassen. "Erzählt uns doch ein wenig über Euch! Wer seid ihr und vor allem, um nochmal auf meine dritte Frage zurückzukommen, was macht ihr hier?"

"Ich bin auf einer abschließenden Besichtigungstour." In der Stimme des Fremden klang ein wenig Trauer mit. "Ich reise durch die Welten und Geschichten, die in den letzten knapp 35 Jahren hier entstanden sind."

Der Fremde schien sich nicht daran zu stören, dass die beiden Helden mit seiner 'Erklärung' nicht das geringste anfangen konnten.

"Und Euer Name?"

"Oh, ich hatte viele Namen. Die Liste meiner Charaktere aufzuzählen... Nein, das brächte nichts. Soviele sind schon vergessen. Soviele für immer im großen Ordner der Erinnerung abgeheftet. Nennt mich einfach Gary."

"Gary. Nun gut. Das klingt ein wenig Gesamt-Engelländisch... aber ok. Mögt Ihr ein Bier, Gary?"

Der Fremde lachte, zum ersten Mal scheinbar wirklich befreit oder fröhlich. "Liebend gerne, aber ich muss weiter. Ich habe noch eine weite Reise vor mir. Ich danke Euch vielmals für die Erinnerung. Ich danke Euch noch viel mehr dafür, dass ihr so nahe am Ursprung geblieben seid. Das bedeutet mir viel."

"Äh... kein Problem. Wir gehen hier jetzt erstmal nicht weg... So von wegen Ursprung und so. Wir waren zwar schon im Weltenraum bei den Gasriesen, aber wir kommen gerne immer wieder zurück. Man gewöhnt sich an das, was man kennt und liebt."

Gary lächelte. "Oh je, hier würde ich gerne noch viel länger bleiben. Das klingt wie eine sehr interessante Geschichte... Ich danke Euch!"

Ein weiterer gleißender Blitz durchzuckte den Frühlingsmorgen. Der Fremde, Gary, war genauso spurlos verschwunden, wie er gekommen war.

"Das war eine sehr komischer Kauz, oder?", Grmpf schaute seinen Waffenbruder von der Seite an.

"Mmmm..."

"Genau. Auf Gary!"

Die beiden Bierkrüge schlugen mit dem satten Ton von schweren Kupferhumpen aneinander. Wohliges Glucksen folgte und ein tiefes Seufzen ließ den letzten Rest von Unsicherheit aus Grmpfs Miene fahren.

"Danke Gary, für den kurzen Besuch. Und viel Spaß auf Deiner Reise, wo auch immer sie enden mag!"

"Mmmm..."